Vom Burgtheater in den Gerichtssaal: Mag. Theresia Welser spricht über ihren Weg zur jüngsten Rechtsanwältin Österreichs
Was haben ein StGB-Taschenkommentar, ein Schweizer Taschenmesser und das Burgtheater gemeinsam? Sie alle spielen eine Rolle im außergewöhnlichen Karriereweg von Mag. Theresia Welser. Die Juristin, die als jüngste Anwältin Österreichs zugelassen wurde, spricht im aktuellen KarriereInsights Interview über ihren Weg von der Bühne in die Anwaltei, ihren Aufstieg bei der Kanzlei Wolf Theiss – und darüber, wie man als Nachwuchsjurist:in nicht nur fachlich, sondern auch persönlich wachsen kann. Neben ehrlichen Einblicken in herausfordernde Momente teilt sie ihre besten Tipps für Studium, Anwaltsprüfung und den Einstieg in die Litigation-Praxis.
Welser ist einer der bekanntesten Nachnamen in der Rechtsbranche, wollten Sie schon immer in die Juristerei gehen oder hatten Sie auch andere Berufsziele?
Ich fand es immer spannend, wenn meine Eltern zuhause komplexe Rechtsfragen, manchmal durchaus hitzig, diskutiert haben. Dadurch hatte ich schon sehr früh einen spannenden Zugang zum Recht, was mich sicher in meiner Berufswahl beeinflusst hat. Ich kann mich erinnern, einmal wollte ich in den Kindergarten unbedingt einen kleinen StGB-Taschenkommentar mitnehmen, was ich dann auch durfte. Umso überraschter waren meine Eltern dann darüber, dass ich den dort gegen ein Schweizer Taschenmesser eintauschen konnte – das habe ich bis heute noch.
Tatsächlich war ich, bis ich ca. 15 Jahre alt war, aber als (Kinder-) Schauspielerin und Sängerin im Burgtheater, dem ORF und der Staatsoper aktiv. Ursprünglich habe ich daher überlegt, auch als Erwachsene in diese Branche zu gehen.
Letztlich hat die Vernunft gesiegt und ich habe Jus studiert. Im Rechtsbereich kam für mich dann aber immer nur der Anwaltsberuf in Frage. Im Gerichtssaal habe ich gewissermaßen auch meine eigene, kleine Bühne gefunden.
Natürlich waren beide meiner Eltern große Vorbilder für mich. Ich hoffe natürlich auch, dass ich dem Namen Welser mittlerweile selbst "alle Ehre mache" 😉.
Sie haben ein Leistungsstipendium der „Hörer der Rechte“ erhalten und waren bei den „Best of the Best 2014“ an der rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien. Was war Ihr Geheimrezept für einen erfolgreichen Studienabschluss und welche Tipps können Sie Jusstudierenden mit auf den Weg geben?
Das Semester durchdacht planen und sich dann auch wirklich an diesen Plan halten. Wenn man erst einmal damit anfängt Prüfungen zu schieben, fällt es schwer damit aufzuhören und man verliert automatisch viel Zeit. Außerdem: Wer nicht wagt, gewinnt nicht.
Ich habe nie auswendig gelernt, sondern immer versucht die zugrunde liegenden Probleme zu verstehen. Kurzfristig ist das vielleicht etwas aufwendiger, wenn man später in einem komplexeren Bereich arbeiten möchte, ist dieses Basiswissen als Handwerkszeug aber Voraussetzung.
Freude am und neben dem Studium haben. Ich habe das Jus-Studium am Juridicum sehr geschätzt, weil es sehr flexibel war und mir viele Freiheiten gegeben hat. Mit guter Planung (siehe Pkt 1.) hatte ich so genügend Zeit, mein Leben abseits der Juristerei wirklich zu leben. Aber Balance is key, wie so oft im Leben: In den letzten Wochen vor der Prüfung habe ich mich dann aber mit meinen zwei besten Freunden, Pia und Clemens (die zum Glück mit mir studiert haben) regelrecht einkaserniert und wir haben dann nur noch gelernt. Auch wenn diese Zeit dann umso intensiver war, hatten wir viel Spaß.
Sie sind bereits seit 2016 bei Wolf Theiss tätig – gestartet haben Sie damals als Intern und wurden erst kürzlich zum Counsel befördert. Was waren Ihre Erfahrungen bei diesem tollen Werdegang? Wieso sind Sie bei der Kanzlei geblieben?
Ich war immer schon sehr ehrgeizig. Das Studium habe ich immer eher als Zwischenstation zum Arbeiten gesehen. Deshalb habe ich auch so schnell studiert.
Das Internship bei Wolf Theiss fand ich toll und ich wollte auch direkt dort und nirgends anders arbeiten. Denn: Interaktion und Teamarbeit waren mir immer schon sehr wichtig und das habe ich bei Wolf Theiss gefunden. Natürlich wusste ich auch, dass Wolf Theiss eine der Top-Kanzleien in Österreich ist. Und ich wollte – um einen Kollegen von mir zu zitieren – immer schon in die "Champions League".
Während meiner gesamten weiteren Zeit bei Wolf Theiss hatte ich das große Glück, von außergewöhnlich talentierten Anwält:innen begleitet und gefördert zu werden. Sie haben mich inspiriert, gefordert und unterstützt. Ich habe immer versucht, mir von diesen erfolgreichen Kolleg:innen etwas abzuschauen. Und obwohl alle von ihrer Persönlichkeit sehr verschieden sind, haben sie ausnahmslos gemeinsam, dass sie für unseren Beruf und vor allem für unsere Mandanten brennen.
Etwas anderes, das mir in meiner Karriere sehr geholfen hat, war, dass ich, egal wie erfolgreich ich war, nie etwas für selbstverständlich genommen habe. Ich habe immer weiter hart an mir gearbeitet und damit werde ich auch nicht aufhören. Ich glaube an das alte Sprichwort "von nix kommt nix"!
Das muss man sich gerade in einer Welt, in der Influencer, oft ein sehr falsches Bild vom Weg zum Erfolg vermitteln, oft erst wieder vor Augen führen.
Bei Ihrer Zulassung waren Sie die jüngste Rechtsanwältin Österreichs – was hat Sie damals angetrieben und wie haben Sie diese frühe Verantwortung erlebt?
Ich habe schon als Konzipientin das Glück gehabt, sehr selbstständig und "anwaltlich" arbeiten zu dürfen. Das hat mir Spaß gemacht und die Eintragung war für mich ehrlich gesagt einfach der nächste, natürliche Schritt. Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich bereit bin. Ich habe ja, wie jede:r andere die volle Konzipientenzeit absolviert.
Was ich schwierig fand, ist, dass mich teilweise ältere (leider nur) männliche Kollegen der "alten Schule", ob meines jungen Alters etwas von oben herab behandelt haben. Da ist ein "Wissen Sie Frau Kollegin, ich mache das ja schon seit 30 Jahren, also…" als erstes Hilfsargument im Gerichtssaal leider keine Seltenheit. Das "e" in Kollegin wird hier in Altwiener Manier natürlich immer sehr langgezogen ausgesprochen.
Ich lasse solche "ad hominem" Argumente nicht mehr an mich heran, früher hat es mich aber schon gestört. Mittlerweile bin ich selbstbewusst genug, dass ich genau weiß, dass dieser Spuk üblicherweise spätestens dann vorbei ist, wenn mich der Kollege verhandeln gesehen hat.
Haben Sie Tipps für Rechtsanwaltsanwärter hinsichtlich der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung?
Die wichtigsten sind:
Man kann nie alles wissen, das ist auch den Prüfern bewusst.
Mit einer positiven Einstellung reingehen.
Mut und Scharfsinn beweisen. Man wird zum Anwalt geprüft, also sollte man sich auch so verhalten als könnte man einen Mandanten vertreten.
Viele junge Jurist:innen sehen Litigation als besonders herausfordernd – was raten Sie ihnen?
Mich persönlich erfüllt Litigation, weil es nicht nur ein akademischer, sondern auch ein wahnsinnig strategischer und dadurch auch kreativer Bereich ist. Jeder Fall ist anders, gerade in Zeiten wie heute, wo es auch in der Wirtschaft viele neue Bereiche gibt, in denen dann zu nie dagewesenen Problemen gestritten wird. Dafür gibt es dann natürlich keine Muster, was eine Herausforderung sein kann. Ich liebe gerade das.
Ich rate allen: Einfach ausprobieren. Viele Kanzleien bieten Sommerpraktika an. Oft kann man, wie bei Wolf Theiss zB, einen Wunsch angeben, in welcher Praxisgruppe man arbeiten möchte. Ich selbst bin seit vielen Jahren Mentorin für unsere Interns und versuche hier so viel Praxiseinblicke wie möglich zu geben.
Und zum Schluss: Wenn Sie einen juristischen Wunsch für die Zukunft frei hätten – welcher wäre das?
Mehr Richterstellen. Als Streitanwältin bin ich viel vor Gericht. Wir Anwälte stecken viel Zeit in die Vorbereitung komplexer Verhandlungen. Es ist schade, wenn sich Richter dann wegen Überlastung und internem Zeitdruck nicht so detailliert mit Akten auseinandersetzen können, wie es manchmal vielleicht erforderlich wäre.
Steckbrief: Persönliche Fragen an Mag. Theresia Welser
Angenommen es gibt keine Juristerei mehr. Welchen Beruf – weit ab von einer juristischen Tätigkeit – hätten Sie dann?
Schauspielerin, Sängerin oder Radiosprecherin (ich rede viel und gerne).
Wo und wie tanken Sie Energie?
Mit meinen Freunden und beim Sport.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Als mir die Welt gehörte von Bastian Kresser. Ein tolles Buch – definitiv eine Leseempfehlung!
Was ist Ihre größte Stärke?
Ich würde sagen die Kombination aus Ehrgeiz und Selbstreflektion.
Was ist Ihr Lebensmotto?
Die kürzlich verstorbene Dame Maggie Smith hat einmal gesagt: "Speak your mind, even if your voice shakes". Das finde ich ein sehr schönes, treffendes Zitat, mit dem ich mich identifiziere. Man darf sich nicht unterkriegen lassen, auch wenn es manchmal schwierig ist.