KarriereInsights mit Florentina Klaffenböck - Juristin im Arbeitsrecht bei den Wiener Linien
Vom HR-Bereich zur Begeisterung für das Arbeitsrecht: Florentina Klaffenböck hat einen bemerkenswerten Karriereweg eingeschlagen. Nach einem ersten Studium in Finnland und beruflichen Erfahrungen außerhalb der Rechtsbranche entschied sie sich für ein Jusstudium in Österreich. Heute bringt sie neben dem Jusstudium ihre vielfältige Erfahrung im Arbeitsrecht bei den Wiener Linien ein und teilt im Interview ihre Perspektiven auf Karrierewechsel, rechtliche Herausforderungen und persönliche Learnings.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.
Nach einem Studienabschluss und beruflichen Laufbahn außerhalb der Rechtsbranche, hast du dich für ein Jusstudium in Österreich entschieden. Was waren deine Beweggründe und mit welchen Herausforderungen warst du konfrontiert?
Nach meinem ersten Studium in Finnland und mehreren beruflichen Erfahrungen in verschiedenen Bereichen habe ich gemerkt, wie sehr mich rechtliche Themen, insbesondere im Bereich Fremdenrecht und Arbeitsrecht, interessieren. Durch meine Tätigkeiten im HR-Bereich wurde mir klar, wie wichtig es ist, tiefere Kenntnisse im Recht zu erwerben, um Menschen in komplexen rechtlichen Fragestellungen unterstützen zu können. Der Schritt in die Rechtswissenschaften war für mich daher ein natürlicher und entscheidender Weg.
Als internationale Studentin stand ich jedoch vor einigen bürokratischen Herausforderungen – insbesondere im Hinblick auf die Anmeldung zum Studium und die verpflichtenden Deutschkurse an der Universität, obwohl ich bereits viele Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet hatte. Auch das österreichische System der Prüfungen und die Struktur des Studiums waren zunächst neu und teilweise gewöhnungsbedürftig für mich. Trotzdem haben diese Erfahrungen meine Perspektive erweitert und mich motiviert, mich weiterhin in diesem Bereich zu engagieren.
Welche Tipps hast du für Personen, die nicht direkt nach der Matura mit dem Studium beginnen?
Oft merkt man erst nach ein paar Jahren im Berufsleben, wo wirklich die eigenen Interessen und Stärken liegen. Wenn man dann erkennt, dass diese anderswo liegen, sollte man nicht zögern, den Weg zu ändern und neue Perspektiven zu suchen.
Wer neben dem Studium beruflich aktiv bleibt, sollte besonders gut planen, da dies sowohl zeitlich als auch mental anspruchsvoll sein kann.
Du hast bereits Kanzleierfahrung im Bereich Start-ups und M&A gesammelt. Was waren deine drei größten Learnings?
In der Vertragsgestaltung ist es entscheidend, präzise und klare Formulierungen zu wählen, um Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
In der Start-up-Welt zählt Schnelligkeit: Es ist wichtig, rasch zu handeln und gleichzeitig die rechtlichen Anforderungen zu wahren. Bei M&A-Projekten muss oft zügig und klar kommuniziert werden, um alle Beteiligten auf dem gleichen Stand zu halten.
Die Fähigkeit, komplexe rechtliche und vertragliche Regelungen verständlich zu erklären, ist unverzichtbar – insbesondere, wenn mehrere Parteien beteiligt sind, die nicht immer denselben rechtlichen Hintergrund haben.
Mittlerweile bist du als Juristin bei den Wiener Linien mit der Spezialisierung Arbeitsrecht tätig. Was hat dich zu diesem Schritt motiviert, und wie hat sich dein Arbeitsalltag dadurch verändert?
Die Entscheidung, in den Bereich Arbeitsrecht zu wechseln, war für mich eine natürliche Weiterentwicklung, da ich mich auch vor Beginn des Studiums für Arbeitsrecht interessierte. Die Arbeit bei den Wiener Linien bietet mir nun die Möglichkeit, mich intensiv mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen in einem großen Unternehmen mit besonderen und einzigartigen Themen zu beschäftigen.
Meine derzeitige Position bei den Wiener Linien ist im Rahmen einer Karenzvertretung befristet bis Ende April. Im Anschluss daran werde ich bei der Caritas in der Abteilung Asylrechtsberatung tätig sein, um meine Kenntnisse im Fremdenrecht weiter zu vertiefen.
Viele Jusstudierende und Jurist:innen begeistern sich für viele Fachbereiche und haben Schwierigkeiten, ihr sogenanntes „Steckenpferd“ zu finden. Wann und wie hast du deine Begeisterung für das Arbeitsrecht entdeckt?
Meine Begeisterung für das Arbeitsrecht entwickelte sich durch meine praktische Erfahrung im HR-Bereich, wo ich regelmäßig mit arbeitsrechtlichen Themen konfrontiert war. Besonders fasziniert mich, wie das Arbeitsrecht das Leben von Menschen unmittelbar beeinflusst und wie wichtig es ist, eine faire Balance zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu finden. Zunächst war also die Begeisterung für das Arbeitsrecht da, und danach kam der Schritt ins Jusstudium. Gleichzeitig interessiere ich mich auch für andere Fachbereiche wie Fremdenrecht, Verfahrensrecht und IT-Recht.
Arbeitsrecht ist ein dynamisches Rechtsgebiet mit häufigen Gesetzesänderungen und hohem Konfliktpotenzial. Was sind die größten Herausforderungen, die du in deiner aktuellen Position erlebst?
Eine der größten Herausforderungen ist die kontinuierliche Anpassung an neue rechtliche Entwicklungen und die präventive Beratung von Führungskräften, um Entscheidungen zu förden, welche die Unternehmensziele mit den rechtlichen Vorgaben und gutem menschlichem Miteinander in Einklang bringen. Zudem erfordert das hohe Konfliktpotenzial eine einfühlsame und zugleich durchsetzungsstarke Vorgehensweise.
Nutzt du bereits Legal Tech in deiner täglichen Arbeit und welchen Einfluss hat KI deiner Meinung nach auf die Rechtsbranche?
Ja, Legal Tech ist ein wertvolles Tool, das ich regelmäßig nutze – sei es bei der Dokumentenbearbeitung oder der Recherche. KI hat meiner Meinung nach das Potenzial, die Rechtsbranche erheblich zu verändern. Sie hilft uns, repetitive Aufgaben schneller und effizienter zu erledigen, sodass wir uns mehr auf die komplexeren und strategischen Aufgaben konzentrieren können.
Wir bedanken uns für das sympathische Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg und Freude.
Steckbrief: Persönliche Fragen an Florentina Klaffenböck
Wie tankst du Energie?
Ich tanke Energie, indem ich kreativ bin – sei es beim Malen, Stricken oder Tanzen.
Angenommen, es gibt keine Juristerei mehr, welchen Beruf hättest du dann?
Ich wollte ursprünglich Chemie studieren. Es hätte mich sicherlich in eine ganz andere Richtung geführt, aber ich habe immer ein großes Interesse an den Naturwissenschaften gehabt.
Hast du einen Buchtipp?
Thinking, Fast and Slow von Daniel Kahneman – es eröffnet eine völlig neue Perspektive auf die Art und Weise, wie wir Entscheidungen treffen.
Welche App ist für dich unverzichtbar?
Die Notizen-App auf meinem Handy, um spontane Gedanken und Ideen festzuhalten, die mir später bei der Arbeit oder im Studium weiterhelfen.
Dein Lebensmotto?
It will never rain roses: when we want to have more roses, we must plant more roses. - Mary Ann Evans (George Elliot)
