Nach mehreren Jahren in Top-Positionen im Profifußball – zuletzt als Legal Counsel beim FC Red Bull Salzburg - schlägt Mag. David Zellinger ein neues Kapitel auf: die Gründung seiner eigenen Kanzlei mit Fokus auf Fußballrecht, Vertragsrecht, Zivilrecht und Datenschutz. Im Interview spricht er über den Weg in die Selbstständigkeit, was Transfers juristisch wirklich bedeuten, warum das Sportrecht nicht nur aus Glanzmomenten besteht und was junge Jurist:innen mitbringen sollten, um im Sportrecht Fuß zu fassen. Ein Gespräch über Mut, Erfahrung und die Kunst, rechtzeitig den Blick über den juristischen Tellerrand zu wagen.
Herzlichen Glückwunsch zur Angelobung und zur Kanzleigründung! Was war der entscheidende Moment, in dem Sie gespürt haben: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, meine eigene Kanzlei zu eröffnen?
Vielen Dank für die Glückwünsche! Diesen einen entscheidenden Moment gab es eigentlich bei mir nicht wirklich, sondern es war tatsächlich eine Entscheidung, welche über einen längeren Zeitraum gereift ist. Der schlussendlich ausschlaggebende Punkt war dann aber, dass ich von Salzburg aus familiären Gründen zurück nach Wien gegangen bin und genau wusste, wenn ich schon diesen tollen Arbeitgeber (FC Red Bull Salzburg) verlasse, dann nur, um mein eigenes Ding zu machen.
Ihre Spezialisierung auf Fußballrecht, Vertragsrecht, Zivilrecht und Datenschutz ist eine spannende Kombination. Wie kam es genau zu dieser Schwerpunktsetzung?
Diese Kombination ist tatsächlich nicht ganz alltäglich in der Rechtsanwaltsbranche aber sie entspricht genau jenen Themen, mit welchen ich mich zumeist in meinem Arbeitsalltag innerhalb des Fußballklubs auseinandersetzen musste, oder besser gesagt durfte. Von daher bringe ich genau in diesen Rechtsgebieten eine solide Erfahrung mit und muss mir nicht jede Kompetenz von Null weg aneignen.
Nach rund 2,5 Jahren als Legal Counsel beim FC Red Bull Salzburg wechseln Sie nun wieder in die anwaltliche Selbstständigkeit. Wie hat Sie die Zeit im Profifußball juristisch und persönlich geprägt?
Eigentlich hat mich am Meisten einerseits die Unvorhersehbarkeit des Fußballgeschäftes sehr geprägt. Die hat sich darin widergespiegelt, dass man nie wusste, was als Nächstes passiert. Ob das jetzt ein Last-Minute Transfer eines Spielers war oder ein unerwarteter Zeitungsartikel, auf den man angemessen und rasch reagieren musste, langweilig wurde es nie. Und andererseits war es die Notwendigkeit, in allem was man macht, das große Ganze im Auge zu haben. Als Legal Counsel eines Fußballklubs, der auch im internationalen Kontext unterwegs ist, darf man einen Sachverhalt nie nur durch eine rein juristische Brille betrachten, sondern benötigt auch ein Gespür für wirtschaftliche, sportliche und strukturelle Zusammenhänge und mögliche Szenarien, die es so nur im Sport gibt. Man muss immer in jede erdenkliche Richtung schauen, bevor man zu einem Vertrag oder einer Klausel ja oder nein sagt.
Viele träumen davon, im Sportrecht Fuß zu fassen. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Mythen und Realitäten in diesem Bereich?
Der größte Mythus ist definitiv, dass die Arbeit immer „lustig“ und eitel Wonne wäre, nur weil man im Fußball, der ja vom Grundgedanken her immer noch ein Spiel ist, tätig ist. Sowohl sportlich schwierige Situationen als auch Begleitthemen, die man sowieso immer abarbeiten muss, wie zum Beispiel das trockene Datenschutzrecht für ein Gewinnspiel in der Halbzeitpause, gehören da genau so dazu, wie schöne Europacup-Heimspiele, bei der man der Mannschaft, für die man gewissermaßen die ganze Woche arbeitet, gemeinsam mit seinen Kollegen beim Spielen zusehen darf.
Transfers mit internationalem Volumen begleiten zu dürfen, ist für viele ein Traum. Können Sie - ohne Mandatsdetails zu verraten - ein bisschen Einblick geben, wie sich solche Prozesse aus juristischer Sicht gestalten?
Zunächst einmal müssen sich die sportlich Verantwortlichen des abgebenden und aufnehmenden Klubs auf die wirtschaftlichen Eckpfeiler einigen. Wenn das geschehen ist, treten die Juristen der beiden Klubs miteinander in Kontakt um darauf basierend wird ein sogenannter Transfervertrag ausgearbeitet, in dem dann nur mehr die juristischen Details verhandelt werden, aber keine wirtschaftlichen Größen, wie zum Beispiel Ablösesummen. Im Wesentlichen ist ein Transfervertrag nichts anderes, als dass der abgebende Klub sich verpflichtet, den bestehenden Spielervertrag mit dem Spieler einvernehmlich aufzulösen und sich der aufnehmende Klub verpflichtet, mit dem Spieler einen Spielervertrag abzuschließen. So passiert dieser „Übergang“ eines Spielers von Klub zu Klub.
Was dürfen Mandant:innen konkret erwarten, wenn sie sich an Ihre Kanzlei wenden - insbesondere im Bereich Fußballrecht?
Abgesehen von Punkten, die selbstverständlich sein sollten, wie Diskretion und Gewissenhaftigkeit können sich Mandant:innen auch erwarten, dass ich – egal wie groß oder klein der Fall ist – mit meinem ganzen Herzen dahinter stehe und die Angelegenheit unbedingt zur Zufriedenheit meiner Mandant:innen zu Ende bringen möchte. Außerdem dürfen sie sich insbesondere im Bereich Fußballrecht darauf verlassen, dass ich eine Erfahrung mitbringe, die in dieser Form wohl in Österreich nicht viele mitbringen können.
Der Sprung in die Selbstständigkeit bringt viele unternehmerische Entscheidungen mit sich. Welche Herausforderung hat Sie dabei am meisten überrascht?
Wieviel administrative und organisatorische Aufgaben damit einhergehen. Von der Honorarverwaltung bis hin zu IT-Themen. Da geht manchmal viel Zeit drauf, die man gerne für inhaltliche Themen verwendet hätte, gerade dann, wenn man noch keine Mitarbeiter hat.
Welche Rolle spielen heute Netzwerke und persönliche Beziehungen im Aufbau einer erfolgreichen Kanzlei - insbesondere in einem so spezialisierten Feld?
Ich denke, dass Beziehungen eine absurd große Rolle spielen. Das Vertrauen in diesem Bereich erweckt man wohl nicht in erster Linie durch toll aussehende Bilder auf der Webseite, sondern durch Zeit, die man zusammen verbringt, gegenseitige Wertschätzung und natürlich das Wissen, dass der Anwalt sich in derartigen Feldern auch bereits in der Praxis bewiesen hat.
Sie erwähnen, dass Sie auch Fehler machen durften – und daraus lernen konnten. Gibt es eine Lektion, die Sie besonders geprägt hat?
Besonders geprägt hat mich meine erste Transferphase beim Klub (Sommer 2023), in der mir, aufgrund meiner Unerfahrenheit in diesem sehr speziellen Vertragswesen, die ein oder anderen Flüchtigkeitsfehler in den Verträgen passiert sind, weil ich einfach nicht das Auge für diese Fehlerquellen hatte. Gott sei Dank sind diese Fehler einem Kollegen von mir rechtzeitig aufgefallen. Er hat mich dann freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen und dadurch habe ich einfach eine gewisse „Awareness“ für diese Punkte bekommen und jeden Vertrag dann vor dem Versenden dreimal oder sogar viermal gelesen und geprüft.
Wo sehen Sie Ihre Kanzlei in fünf Jahren - und welchen Beitrag möchten Sie langfristig in der Welt des Sportrechts leisten?
In fünf Jahren sehe ich mich in einer Situation, in der ich zwar nicht übertrieben viele Mandant:innen habe, die dann vielleicht nur eine Aktennummer sind, aber dafür langjährige, treue und zufriedene Mandant:innen, mit denen ich auf einer vertrauensvollen und pragmatischen Basis zusammenarbeiten kann und wo auch Freundschaften daraus entstehen. Natürlich sollte sich dieses Setting aber auch wirtschaftlich rentieren, schließlich kann man nicht nur von Luft und Liebe leben - das ist auch vollkommen klar.
Wenn ein junger Jurist oder eine junge Juristin mit dem Traum vom Sportrecht zu Ihnen kommt - welchen Rat würden Sie heute geben?
Mutig sein und keine Angst vor dem eigenen Lebenslauf zu haben! Ruhig auch Initiativbewerbungen schreiben, wo vielleicht gar keine Stelle ausgeschrieben ist und vielleicht auch einmal das ein oder andere Praktikum bei einem Klub oder einer Berateragentur wagen, auch wenn diese vielleicht nicht lebensverändernd bezahlt sind.
Was war der schönste Moment auf dem Weg zur eigenen Kanzlei - und worauf freuen Sie sich am meisten im neuen Kapitel?
Die Angelobung zum Rechtsanwalt und der sofortige Start in die eigene Kanzlei am nächsten Tag, ohne „Pufferphase“ war sicherlich der Moment, an den ich mich noch mein Leben lang erinnern werde. Am meisten freue ich mich auf die Erfolgserlebnisse, wenn ich Gerichtsverfahren oder auch außergerichtliche Prozesse erfolgreich zu Ende bringe und das Ergebnis den Mandant:innen mit einem Lächeln im Gesicht mitteilen kann.
Vielen Dank für das nette Interview und die tolle Atmosphäre bei euch!
Mag. David Zellinger
Steckbrief: Persönliche Fragen an David Zellinger
Wo und wie tanken Sie Energie?
Am Fußballplatz, egal ob beim zuschauen oder selbst spielen.
Lieblingsmannschaft?
VTO Magic Unicorns (dort spiele ich selbst).
Lieblingssport neben Fußball?
Tennis.
Was darf in der Kanzlei nie fehlen?
Die Kaffeemaschine.
Ihr Lieblingszitat?
„Pressure is a privilege and champions adjust.“ (von Billie Jean King)