Interview mit der Juristin und Influencerin Eva-Maria Meidl
Heute dürfen wir die Juristin & Mediatorin, Influencerin, Podcasterin, Autorin und Mutter mit Herz und Verstand zum Interview begrüßen.
Vom Kindergarten zur Kanzlei – der Karriereweg von Eva-Maria Meidl ist inspirierend und Ihre persönliche Geschichte zeigt, dass Berufung manchmal Umwege nimmt. Wir erfahren, welche Erfahrungen sie aus ihrer pädagogischen Arbeit in die juristische Welt mitgenommen hat und wie sie den Entschluss fasste, Rechtsanwältin zu werden.
Besondere Einblicke gibt sie in die Herausforderungen und Chancen, die sie als Mutter, Juristin und Unternehmerin erlebt hat. Sie spricht offen über die Balance zwischen Studium, Familienplanung und Karriere, über die strukturellen Hürden im Anwaltsberuf für Frauen und darüber, wie diese überwunden werden können.
Zudem gewährt sie uns Einblicke in ihre Leidenschaft für Familien- und Erbrecht, ihren Einfluss als Autorin des Kinderbuchs „Die Rechte aus dem Storchennest“, sowie ihre Erfolge als Instagram-Influencerin mit juristischem Fokus. Abschließend verrät sie, wie junge Jurist:innen ihre Karriere mit Sinn und Freude gestalten können.
Ein Gespräch voller Inspiration und wertvoller Tipps – nicht nur für Jurist:innen, sondern für alle, die Beruf und Privatleben erfolgreich miteinander verbinden möchten.
Von der Kindergartenpädagogin zur Juristin und Mediatorin - welche Geschichte und Motivation verbirgt sich dahinter und zu welchem Zeitpunkt hast du den Entschluss gefasst Rechtsanwältin zu werden?
Meine berufliche Laufbahn nahm ihren Anfang als Kindergartenpädagogin, da mir die Förderung und Begleitung von Kindern und ihrer Entwicklung schon immer sehr am Herzen lag. Diese Arbeit hat mir gezeigt, wie entscheidend klare Kommunikation, Empathie und Struktur in komplexen Situationen sind – Eigenschaften, die mich bis heute begleiten.
Die Motivation, Juristin zu werden, kam aus meiner persönlichen Lebensgeschichte. Ich wurde von meinem Vater allein großgezogen und habe dabei schon früh verstanden, wie wichtig rechtliche Strukturen und Regelungen sind, um Familien in unterschiedlichen Lebenssituationen zu unterstützen. Als ich während meines Jus-Studiums meinen ersten Sohn bekam, wurde mir bewusst, wie viele rechtliche Hürden junge Eltern überwinden müssen – oft ohne ausreichendes Wissen oder Unterstützung.
Der Entschluss, Rechtsanwältin zu werden, reifte im Laufe der Zeit, insbesondere als ich meine Leidenschaft für Familienrecht und Mediation entdeckte. Ich wollte Menschen in schwierigen Lebenslagen nicht nur rechtlich beraten, sondern auch Lösungen finden, die auf Verständnis und Einigung basieren. Meine Erfahrungen als Pädagogin, Mutter und Juristin verbinden sich perfekt in diesem Beruf, weil ich nicht nur juristisch, sondern auch menschlich unterstützen kann.
Neben dem doch teilweise trockenem Jusstudium hast du während deiner Studienzeit deinen Ehemann kennengelernt und deinen ersten Sohn bekommen. Auf den ersten Blick wirkt das sehr bilderbuchhaft, mit welchen Herausforderungen war diese Zeit verbunden? Welche Tipps hast du für Studierende, um das Privatleben, Familienplanung und auch die eigene Karriere bestmöglich in Einklang zu bringen?
Es mag von außen wie eine Bilderbuchgeschichte wirken, aber diese Zeit war auch mit einigen Herausforderungen verbunden. Das Jusstudium erfordert ein hohes Maß an Disziplin und Durchhaltevermögen, während das Muttersein – besonders während des Studiums – einen völlig neuen Lebensrhythmus mit sich bringt. Es war eine ständige Balance zwischen Vorlesungen, Lernen und gleichzeitig der Verantwortung als Mutter, für die ich bewusst Prioritäten setzen musste.
Die größte Herausforderung war es, den Druck nicht zu groß werden zu lassen und sich nicht von dem Gedanken leiten zu lassen, in allen Bereichen perfekt sein zu müssen. Hier hat mich die Unterstützung meines Partners und meines Umfelds enorm gestärkt.
Mein wichtigster Tipp für Studierende ist, realistische Ziele zu setzen und sich nicht davor zu scheuen, Hilfe anzunehmen – sei es von Familie, Freunden oder durch flexible Studienmodelle. Organisation und Zeitmanagement sind entscheidend: Ein strukturierter Tagesplan hilft, sowohl das Studium als auch die Zeit mit der Familie effizient zu gestalten. Gleichzeitig ist es wichtig, sich selbst Pausen zu gönnen und nicht das Gefühl zu haben, immer funktionieren zu müssen.
Ich glaube fest daran, dass eine klare Kommunikation mit den Menschen im eigenen Umfeld sowie das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten der Schlüssel sind, um Beruf, Studium und Familie miteinander zu vereinen. Herausforderungen wird es immer geben, aber sie können auch eine wertvolle Chance sein, zu wachsen und Prioritäten im Leben zu setzen.
Der Frauenanteil unter Rechtsanwaltsanwärterinnen in Österreich beträgt 54% während er unter den Rechtsanwältinnen nur noch bei 25% liegt. Was muss sich ändern, damit der Anwaltsberuf familienfreundlicher wird?
Die Diskrepanz zwischen der hohen Zahl an Rechtsanwaltsanwärterinnen und dem deutlich geringeren Anteil an Rechtsanwältinnen zeigt, dass der Beruf noch immer mit strukturellen Herausforderungen zu kämpfen hat, besonders wenn es um die Vereinbarkeit von Karriere und Familie geht.
Um den Anwaltsberuf familienfreundlicher zu gestalten, sind mehrere Maßnahmen notwendig.
Erstens sollten flexiblere Arbeitszeitmodelle in Kanzleien etabliert werden, wie etwa Teilzeitmöglichkeiten oder Homeoffice-Regelungen. Gerade für junge Eltern kann dies einen großen Unterschied machen.
Zweitens bedarf es eines kulturellen Wandels in der Branche, der es ermöglicht, dass familiäre Verpflichtungen nicht als Schwäche, sondern als normaler Bestandteil des Lebens betrachtet werden.
Schließlich wäre es hilfreich, die Elternzeitmodelle weiter zu fördern und auch Männer stärker in die familiären Aufgaben einzubinden. Eine gleichmäßigere Verteilung von Familienpflichten kann es Frauen ermöglichen, ihre beruflichen Ziele konsequent weiterzuverfolgen, ohne dabei das Gefühl zu haben, sich zwischen Karriere und Familie entscheiden zu müssen.
Der Beruf des Anwalts bzw. Anwältin ist anspruchsvoll, aber mit den richtigen Rahmenbedingungen kann er auch familienfreundlich gestaltet werden – und davon profitieren letztendlich nicht nur die Anwältinnen, sondern die gesamte Branche.
Welche Herausforderungen haben dich in deiner Rolle als Juristin und Mutter am meisten geprägt?
Die größte Herausforderung liegt darin, die Anforderungen beider Rollen miteinander in Einklang zu bringen. Der Beruf als Juristin verlangt Präzision, Engagement und Zeit, während auch das Muttersein ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Flexibilität erfordert. Diese Balance zu finden, war nicht immer einfach, hat mich aber ungemein gestärkt.
Was mich besonders geprägt hat, ist die Erkenntnis, dass Perfektion weder im Beruf noch im Privatleben ein realistisches Ziel ist. Vielmehr geht es darum, Prioritäten zu setzen, sich Unterstützung zu organisieren und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt.
Auch die Fähigkeit, unter Druck Entscheidungen zu treffen, hat mich stark geprägt. Diese Kompetenz ist sowohl in meinem juristischen Alltag als auch in der Erziehung meiner Kinder von großer Bedeutung. Beide Rollen haben mich gelehrt, flexibel zu sein, vorausschauend zu handeln und mich auf Lösungen zu konzentrieren – Eigenschaften, die ich täglich schätze und weiterentwickle.
Gibt es Erfahrungen bzw. Learnings aus deiner Zeit als Kindergartenpädagogin, die dir auch im Umgang mit Mandanten helfen?
Absolut! Die Zeit als Kindergartenpädagogin hat mir gezeigt, wie wichtig Empathie, Geduld und klare Kommunikation sind – Eigenschaften, die im Umgang mit Mandanten ebenso entscheidend sind. Jeder Mensch bringt eine eigene Geschichte und individuelle Bedürfnisse mit, sei es im Kindergarten oder in der Rechtsberatung.
Ein zentrales Learning ist, Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen, und komplexe Sachverhalte einfach und verständlich zu erklären. Im Kindergarten ging es darum, Vertrauen und Sicherheit zu schaffen – etwas, das in der Arbeit mit Mandanten genauso wichtig ist, vor allem wenn sie sich in schwierigen rechtlichen Situationen befinden.
Zudem habe ich gelernt, Konflikte frühzeitig zu erkennen und lösungsorientiert zu arbeiten. Diese Erfahrung ist gerade in der Mediation und im Familienrecht von großem Vorteil, da es oft darum geht, Spannungen abzubauen und gemeinsame Wege zu finden.
Letztlich hat mir die Arbeit mit Kindern verdeutlicht, wie wichtig Flexibilität und Kreativität sind – Eigenschaften, die es mir ermöglichen, auf individuelle Herausforderungen einzugehen und passgenaue Lösungen zu entwickeln.
Du hast das Buch „Die Rechte aus dem Storchennest“, welches das Thema Kinderrechte auf kindgerechte Weise behandelt geschrieben und erfolgreich publiziert. Was hat dich zu diesem Buch inspiriert und wird es ein weiteres Buchprojekt geben?
Die Inspiration für „Die Rechte aus dem Storchennest“ kam aus meiner eigenen Erfahrung als Mutter und meiner Begeisterung für das Familienrecht. Mir ist immer wieder aufgefallen, wie wichtig es ist, dass Kinder frühzeitig verstehen, welche Rechte sie haben – sei es in der Familie, in der Schule oder im Alltag. Dieses Wissen gibt ihnen Selbstbewusstsein und Sicherheit.
Deshalb war es mir ein Anliegen, die Kinderrechte in einer Form zu präsentieren, die auch die Jüngsten verstehen und eigenständig erfassen können. Die Bilderbuchform ermöglicht es den Kindern, spielerisch und visuell an die Thematik herangeführt zu werden, ohne dass es kompliziert oder trocken wirkt. Es richtet sich an all jene Kinder, die ihre Rechte kennenlernen und selbst erkennen sollen, wie wertvoll und schützenswert diese sind.
Ein weiteres Buchprojekt wird es in Zukunft sicherlich geben – Ideen und Themen habe ich genug. Im Moment liegt der Fokus aber auf anderen Projekten, weshalb es noch etwas Zeit braucht, bis ich ein neues Buch in Angriff nehme.
In deiner Kolumne und dem „Der Eltern Podcast“ teilst du persönliche Erfahrungen und gibst Müttern wertvolle Tipps zu Themen wie beispielsweise Karenz und häusliche Gewalt. Was sind die drei häufigsten Problemthemen und wie lassen sich diese vermeiden?
In meiner eigenen Kolumne im familiii-Magazin sowie meinem Podcast “DER ELTERNPODCAST”, dem größten Familienmagazin Österreichs, widme ich mich regelmäßig Themen, die junge Familien besonders betreffen, wie Karenz, Trennung oder häusliche Gewalt. Dabei merke ich immer wieder, dass die häufigsten Probleme fehlende rechtliche Absicherung in der Partnerschaft, mangelnde Kommunikation bei der Familienplanung und das Tabu rund um häusliche Gewalt sind.
Rechtliche Absicherung
Kommunikation: Offene Gespräche vermeiden oft Missverständnisse.
Häusliche Gewalt: Aufklärung und frühzeitige Hilfe sind essenziell, um Betroffenen Sicherheit zu geben.
In meiner Kolumne und im Podcast zeige ich praxisnahe Lösungen auf, die Familien helfen, diese Herausforderungen frühzeitig zu bewältigen und rechtliche sowie persönliche Probleme zu vermeiden.
Mit über 30.000 Followern auf Instagram hast du meines Wissens nach den größten juristischen Account in Österreich. Wann hast du damit begonnen, welche Themen interessieren besonders und wohin soll die Reise gehen?
Ich bin die Influencerin mit der größten Reichweite in Österreich, die juristischen Content bietet, und sehe es als meine Mission, komplexe rechtliche Themen auf eine verständliche und praxisnahe Weise zu vermitteln. Mein Ziel ist es, nicht nur juristische Missverständnisse aufzuklären, sondern Menschen dabei zu helfen, sich in ihrem Alltag sicherer und besser informiert zu fühlen.
Meinen Instagram-Account habe ich ursprünglich privat genutzt, aber als ich begann, juristische Inhalte zu posten, ging das Ganze plötzlich durch die Decke. Es zeigte sich schnell, wie groß das Interesse an verständlich aufbereitetem juristischen Wissen ist. Dadurch konnte ich auch große Kooperationen an Land ziehen, was mich motiviert hat, weiterzumachen und den Account stetig auszubauen.
Mein Profil wächst täglich, und immer mehr Menschen folgen mir, weil sie nicht nur meine juristischen Inhalte schätzen, sondern auch mehr über mich als Person erfahren möchten. Es ist unglaublich spannend zu sehen, wie sich der Austausch mit der Community entwickelt und wie viele Menschen ich mit meinen Beiträgen erreichen und unterstützen kann.
Deine Steckenpferde sind das Familien- & Erbrecht sowie das Immobilienrecht. Wie hast du deine Spezialisierung gefunden?
Meine Spezialisierung ergab sich aus einer Kombination aus persönlichen Erfahrungen und beruflichem Interesse. Das Familien- und Erbrecht liegen mir besonders am Herzen, da sie oft emotionale und menschliche Aspekte mit rechtlicher Präzision verbinden. Das Immobilienrecht ergänzt diese Bereiche perfekt, weil es ebenfalls strategisches Denken und Detailgenauigkeit erfordert. Zusätzlich habe ich die Immobilienmaklerprüfung abgelegt, um mein Wissen in diesem Bereich weiter zu vertiefen.
Als Mutter, Juristin und Unternehmerin hast du so ziemlich alles, nur kaum Zeit. Wie siehst du deine berufliche Zukunft und welchen Karrieretipp möchtest du Berufseinsteiger:innen mit auf den Weg für eine steile Karriere mit Freude und Sinn geben?
Als Mutter, Juristin und Unternehmerin ist es für mich besonders wichtig, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Deshalb bin ich derzeit auf der Suche nach einer Kanzlei, die mir genau diese Balance ermöglicht. Eine Arbeitsumgebung, die Flexibilität und Verständnis für familiäre Verpflichtungen bietet, ist für mich essenziell, um meine berufliche Leidenschaft mit meiner Rolle als Mutter zu vereinen.
Mein Karrieretipp für Berufseinsteiger:innen: Sucht nach einem Arbeitsumfeld, das eure Werte teilt und euch unterstützt. Leidenschaft für den Beruf, klare Prioritäten und der Mut, neue Wege zu gehen, sind entscheidend für eine erfüllte Karriere.
Wir bedanken uns für die spannenden Insights und wünschen weiterhin viel Erfolg und Freude.🍀
Steckbrief: Persönliche Fragen an Eva-Maria Meidl
Angenommen es gibt die Rechtsbranche nicht mehr. Welchen Beruf hättest du dann?
Moderatorin oder Schauspielerin
Auf welche App kannst du nicht verzichten?
Definitiv auf meinen Kalender! Ohne ihn wäre mein Alltag als Mutter, Juristin und Unternehmerin kaum zu organisieren.
Was ist deine größte Angst?
Ich fürchte mich, inmitten des hektischen Alltags den Blick für das Wesentliche zu verlieren – nämlich die Menschen und Momente, die wirklich zählen. Es ist mir wichtig, bewusst zu leben und die Zeit mit meiner Familie zu schätzen
Hast du eine Lieblingsserie?
The Lincoln Lawyer - absolut empfehlenswert.